Between Yes, I do and Certainly not!
2022
Wellkarton, Schellack
75 x 166 x 133 cm

Fotos: Guido Kaspar, Singen und andere

Tische für den Grossen Spiegelsaal des Museums Morsbroich in Leverkusen

Die Frage nach Tischen wurde vom Museum an mich herangetragen. Von Beginn an war klar, dass nicht alle Aufgaben dieses Ortes an einem Tisch gelöst werden können. Hochzeiten und Streitgespräche sollen getrennt gehandhabt werden. Es geht um Mehrstimmigkeit.
Die Tische sollen gleichzeitig Skulpturen sein für die Zeiten, in denen keine Veranstaltungen im grossen Spiegelsaal stattfinden. So entwerfe ich einen Traualtar für Hochzeiten, ein Rednerpult für Reden, ein Sofatisch für Diskussionen und eine autonome Skulptur, die alle Elemente der drei Tischskulpturen in sich vereint. Das Ganze als ein Skulpturenensemble aus vier Teilen.
Bürger von Leverkusen wurden angefragt, klare Zusagen und klare Ablehnungen ins Mikrophon zu sprechen. Diese Stimmaufzeichnungen wurden visuell in Linien übersetzt, in Kurven, die die Lautstärke und die Zeit der gesprochenen Worte aufzeigen. Diese Kurven wurden in Bewegung gesetzt, so dass die eine Kurve auf einer zweiten wandert. Aus dieser Bewegung entstehen Flächen, Landschaften mit Hügeln und Tälern, Schluchten und Steilwänden. Diese gekrümmten Flächen bilden die Grundlage für die Konstruktion der Tische und der Skulptur. Jedem Tisch liegt eine andere gekrümmte Fläche zugrunde.
Yes, I do! wandert auf einem leisen Nein. Aus dieser Fläche werden zwei Teile geschnitten und nach oben öffnend zueinander gestellt. Daraus entsteht die Form des Trautisches. Ohne einen kleinen Zweifel wird wohl keine Ehe geschlossen, jedenfalls keine, die hält.
Certainly not! wandert auf einem lauten Ja, Ja, Ja! Diese Fläche bildet die Grundlage für den Sofatisch. Auch hier, wie im Trautisch, werden zwei Teile aus der entstandenen Fläche geschnitten und nach oben öffnend zueinander gestellt.
Ja, klar! und Nein, Danke! bilden die Fläche für das Rednerpult. Zwei Teile aus dieser Fläche stehen lose zueinander im Raum und geben dem Redner Halt.
Alle diese Flächen finden sich vereint in der stehenden Skulptur. Hier stehen die Flächen wie im Rednerpult offen im Raum. Sie erhalten ihre Stabilität dank ihrer gegenseitigen Durchdringung.
Diese konstruktive Methode der Formfindung verlangt nach einem Material, das konstruktiv verwendet werden kann. Die Wahl fiel auf Wellkarton.
Die Sinuslinie der gewellten Papierschicht steht exemplarisch für den Klang, der hier abgebildet wird. Es geht um Raum, um Zeit und um Klang von Stimmen, die hier gesprochen wurden und heute wie morgen gesprochen werden. Hier soll und darf man seine Stimme erheben, fein hinhören, präzise hinsehen und sich gemeinsam an den Tisch setzen.

 

 

 

 

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